Donnerstag, 8. Juni 2017

Einmal noch Smoke on the Water

Als ich Smoke on the Water zum ersten Mal im Radio hörte, hatte ich noch keine Ahnung von Musik, und auf Konzerte ging ich erst recht noch nicht. Ich war auf Anhieb begeistert, auch wenn ich nicht verstand, um was es in dem Lied ging. Doch ähnlich wie später Sultans of Swing von den Dire Straits war es wie eine Initialzündung. Deep Purple hieß die Band, erfuhr ich. Als ich dann zum Konzertgänger wurde, noch nicht ahnend, dass das jahrzehntelang so bleiben sollte, wollte ich diese Band natürlich unbedingt auf der Bühne sehen. Doch Pech gehabt, Deep Purple hatte sich bereits 1976 aufgelöst. Schweren Herzens akzeptierte ich, dass es mir niemals vergönnt sein würde, die Musiker und dieses Stück live zu erleben.

Im Jahr 1984 war ich bei der Bundeswehr und hatte bereits einige Konzerte hinter mir. An einen Auftritt von Deep Purple dachte ich da längst nicht mehr. Wie denn auch? Schließlich existierte die Band seit acht Jahren nicht mehr. Dann berichteten die Kölner Tageszeitungen, die Rocklegenden hätten sich wieder zusammengerauft und ein neues Album sowie eine ausgedehnte Tour ständen auf dem Programm. Ich erinnere mich an ein Preisausschreiben. Ich glaube, es war im Express, aber die Erinnerung könnte mich trügen. Es galt zu raten, welche der alten Stücke die wiederformierte Band auf ihrer Konzertreise spielen würde.
 
Ein neues Album, die Vorstellung fand ich nett. Da ich aber inzwischen von „Machine Head“, „In Rock“, „Fireball“ und dem Live-Meisterwerk „Made in Japan“ infiziert war, erwartete ich keinen großen Wurf. Was sich als Irrtum erweisen sollte, denn das Reunion-Album „Perfect Strangers“ zählt für mich zu den besten Purple-Platten. Ungleich mehr als auf die Scheibe freute ich mich jedoch auf die Tour. Mein Jahre zuvor gehegter und schließlich ad acta gelegter Traum schien in Erfüllung zu gehen. 1985 war die Band auf Tour, und sie spielten ein Open Air auf dem Maimarktgelände in Mannheim. Vermutlich gab es kein Konzert in meiner Nähe, sonst wäre ich nicht nach Mannheim gefahren, per Anhalter, wenn ich mich recht entsinne. Oder doch mit der Bahn? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls hätte mich nichts davon abhalten können.
 
Vor den Headlinern traten vier Bands auf: Meat Loaf, Mountain, Roger Chapman und die Lokalmatadoren Rodgau Monotones. Gleichwohl teils klingende Namen, dürften mir die Vorgruppen ziemlich egal gewesen sein. Ebenso dass es, so meine ich mich zu erinnern, über weite Strecken des Tages regnete. Es war der 29. Juni und mein erstes, jahrelang nicht für möglich gehaltenes Deep Purple-Konzert. Zwei Jahre später sah ich sie in der alten, heute längst nicht mehr existenten Kölner Sporthalle und in den folgenden drei Dekaden immer mal wieder, zuletzt 2015 in der Arena in Oberhausen.
 
Vor wenigen Monaten wurde dann ein neues Album angekündigt. Bei dem Titel „inFinit“ schossen die Spekulationen über ein bevorstehendes Ende der Band ins Kraut. Zudem wurde die anstehende Welttournee als „The Long Goodbye Tour“ angekündigt. Verdenken könnte man den altgedienten Recken den Rückzug ins Privatleben nicht, schließlich sind sie um die Siebzig. In einem Interview in der April-Ausgabe des Musikmagazins Classic Rock und auch an anderer Stelle relativierte Schlagzeuger Ian Paice, der übrigens als Kind zwei Jahre in Köln lebte, die schlimmsten Befürchtungen. Zwar sei das Ende der Band unvermeidlich, doch auch wenn dies die letzte ausgedehnte Welttour sei, können die Musiker sich durchaus vorstellen, kleinere Reisen mit wenigen Auftritten in verschiedenen Kontinenten zu unternehmen. Nicht mal ein weiteres Album schließt der Drummer kategorisch aus. Voraussetzung sei natürlich, dass sie alle gesund blieben.
 
Nun hielt das Hardrock-Flaggschiff in der KölnArena Einzug. Es war das erste Mal, dass ich Deep Purple an diesem Auftrittsort erlebte. Sie begannen mit Time for Bedlam, einem von vier Songs des neuen Albums, die zeigten, dass sich die aktuellen Stücke hinter den Klassikern nicht zu verstecken brauchen. Die folgten dann mit Fireball, Bloodsucker und Strange Kind of Woman in rascher Folge.
 
Ian Paice und Bassist Roger Glover spielten beherzt wie seit fast fünfzig Jahren. Ian Gillan, bei dem ich immer fürchte, dass die Stimme versagt, belehrte mich zum wiederholten Mal eines besseren. Gitarrist Steve Morse sowie Keyboarder Don Airey sind schon lange viel mehr als bloßer Ersatz für Ritchie Blackmore und Jon Lord – auch wenn diese beiden im Line Up der Band für mich unerreicht bleiben. Morse ist ein hervorragender Gitarrist, und Aireys ausgedehntes Solo erinnerte an Glanzzeiten des großen Jon Lord. Da standen fünf wunderbare, fünf beseelte Musiker auf der Bühne, die sich ihres Könnens und ihrer Fähigkeiten bewusst sind, die nichts mehr beweisen müssen und vielleicht gerade deswegen umso mehr Spaß an ihrem eigenen Spiel haben.
 
Es entwickelte sich ein Parforceritt durch die Jahrzehnte und durch die verschiedenen Schaffensphasen der Band. Als Perfect Strangers vom Wiedervereinigungsalbum erklang, ahnte man, dass es dem Finale entgegengeht, das dann mit Smoke on the Water, wie könnte es anders sein, seinen Höhepunkt erreichte. Lautstark wurde der große Klassiker aus mehreren tausend Kehlen mitgesungen. Als Zugabe gab es dann wie von mir erwartet Hush vom allerersten Album von 1968 und schlussendlich das abermals von den Fans mitgesungene Black Night.
 
Keine Frage, Deep Purple präsentierten sich noch einmal wie zu besten Zeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wirklich aufhören. Dazu sind sie zu spielfreudig, zu sehr voller Energie und einfach noch viel zu gut. Dieses Konzert wäre zwar ein würdiger Abschluss für mich, aber Ian Paice's zurückhaltende Andeutungen im Interview lassen mich hoffen, dass es das noch nicht war mit Deep Purple. Ansonsten ginge für mich wirklich eine Ära zu Ende. Aber mindestens einmal möchte ich gern noch – nun ja, es steht in der Überschrift.

Setlist: 1. Time for Bedlam / 2. Fireball / 3. Bloodsucker / 4. Strange Kind of Woman / 5. Johnny's Band / 6. Uncommon Man / 7. The Surprising / 8. Lazy / 9. Birds of Prey / 10. Hell to Pay / 11. Keyboard Solo / 12. Perfect Strangers / 13. Space Truckin' / 14. Smoke on the Water / 15. Hush / 16. Bass Solo / 17. Black Night.
 

1 Kommentar:

  1. Habe DP am 13.06. in Berlin gesehen (war mein 19. Deep Purple-Konzert)und sie waren erstklassig. Kann Deinen Bericht nur voll und ganz bestätigen. Und ich bin mir sicher: Im nächsten Jahr, dem 50jährigen Bühnenjubiläum der Band, werden wir Smoke on the Water sicherlich noch einmal live hören und sehne können. :)

    AntwortenLöschen